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Unserem Wald geht es schlecht – Lasst die Auswechselspieler aufs Feld!

Aktualisiert: 26. März 2021

Der Waldzustandsbericht der Bundesregierung ist wie erwartet deprimierend. An zukünftige Bedingungen angepasste Klimabäume könnten Teil der Lösung sein.


Frisch aufgeforstete Fläche in der Nähe von Oegeln.
Frisch aufgeforstete Fläche in der Nähe von Oegeln: Bald könnten auch nicht-heimische Arten das Spektrum erweitern

Er schützt das Klima, bietet Lebensraum für eine vielfältige Fauna und Flora, reinigt Luft und Wasser, speichert CO2, bietet Erholung und Lebensgrundlage für viele. Wir brauchen unseren Wald. Doch es geht ihm so schlecht wie selten zuvor.


Aus dem letzte Woche veröffentlichten Waldzustandsbericht der Bundesregierung geht hervor: Noch nie seit Beginn der Erhebungen 1984 starben so viele Bäume wie im letzten Jahr. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Klimaveränderungen sind erschreckend: Die vergangenen drei Dürrejahre, der massive Borkenkäferbefall, Stürme und vermehrte Waldbrände sind nicht spurlos an den Wäldern vorbeigegangen. 80% der Kiefern, die wohl wichtigste Baumart für Brandenburg, haben lichte Kronen. Auch andere Baumarten blieben nicht unversehrt.


Lichte Kronen bei 80% der Kiefern

Klimaveränderungen sind Folgen globaler Prozesse, die man nur bedingt auf regionaler Ebene beeinflussen kann. Doch es gibt einen Lösungsansatz mit großem Potential: Alternative Baumarten, auch „Klimabäume“ genannt, die besser an die zukünftigen klimatischen Veränderungen angepasst sind. Die Eignung dieser selten genutzten oder nicht-heimischen Baumarten für dieses Vorhaben wird schon länger erforscht. Über den millionenschweren „Waldklimafonds“ der Bundesregierung werden derzeit einschlägige Forschungen gefördert, staatliche Versuchsanstalten von Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern planen große Forschungsprojekte.


Für uns, Naturraum für Generationen, könnte die Möglichkeit bestehen, diese Forschung im großen Stil voranzutreiben (und da wir über Bauträger bzw. die Flächenagentur finanziert werden, kommen wir quasi ohne Steuergelder aus). Auf einer Fläche von 60 Hektar könnten unter der Leitung des Forstwissenschaftlers Prof. Jens Schröder in den nächsten Jahren viele wertvolle Erkenntnisse zum Thema gewonnen werden: Welche Arten sind besonders resilient? Wie unterstützen sie sich gegenseitig? Aber auch: Breiten sich manche Arten vielleicht übermäßig aus, könnten unsere heimische Flora gar verdrängen?


Schreckgespenst Invasivität

Dass es in Brandenburg nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel zu Forschungszwecken) erlaubt ist, gebietsfremde Arten zu pflanzen, hat mit eben jener Eigenschaft einiger weniger Arten zu tun: Invasivität. Doch die Forschungsliteratur zu den für unser Forschungsprojekt ausgewählten Arten deutet nicht auf invasives Verhalten hin. Für den Fall der Fälle ist zudem eine Art Schutzvorrichtung geplant: Die entsprechenden Parzellen sind von Buchenstreifen umsäumt, eine eventuelle Ausbreitung wäre jederzeit beherrschbar.


Auch wenn diese Bedenken ausgeräumt werden können, wenn die Vorteile von Klimabäumen auf der Hand liegen, wenn bereits Millionen in Forschungsprojekte dieser Art fließen: Es wird zum Teil kontrovers diskutiert. Vielleicht nur allzu menschlich, dass auch dringend nötige Veränderungen nur schwer akzeptiert werden: „Im Wald soll alles so bleiben, wie man es aus den Märchenbüchern oder aus der Kindheit kennt, alles soll bleiben wie immer – doch das lässt sich [gerade heute und zukünftig] nicht aufrechterhalten“, so Prof. Schröder im Interview mit uns. Zudem kann man vermuten, dass eine Befürwortung von Klimabäumen einem schmerzhaften Eingeständnis gleichkommen würde: Ja, der Klimawandel ist real. Ja, wir müssen etwas dagegen unternehmen. Und ja, es ist zu bezweifeln, ob unser heimisches Baumarten-Portfolio allein den riesigen Aufgaben gewachsen ist.


Klimabäume als Eingeständnis?

„Für fünf nach zwölf finde ich es relativ gemütlich“, so der bekannte Förster Peter Wohlleben im Tagesspiegel. Unsere Natur kann sich auch von allein anpassen, klar. In Evolutionsprozessen, die tausende, zehntausende Jahre andauern. So viel Zeit bleibt uns nicht; wir tragen Verantwortung für den Wald der Zukunft und die kommenden Generationen. Besonders Brandenburg als trockene, drastisch und zeitig betroffene Region ist darauf angewiesen, jede Chance der Schadensbegrenzung für unseren Wald zu nutzen. Mit anderen Worten: Wenn man sieht, dass die Fußballmannschaft auf dem Feld müde und ausgelaugt ist – warum die kräftigen, leistungsfähigen Auswechselspieler auf der Bank sitzen lassen?



 


Mehr zum Thema: Interview I und II mit Prof. Jens Schröder, der an gleich zwei Eberswalder Einrichtungen zu forstwissenschaftlichen Themen forscht: Als Dozent an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (HNEE) im Fachbereich Wald und Umwelt, sowie als Leiter des Fachbereiches Waldressourcenmanagement im Landeskompetenzzentrum Forst (LFE).

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