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„Spätestens hier hätte ich umdenken müssen“

Autorenbild: A. RosenstockA. Rosenstock

Aktualisiert: 11. Apr. 2021

Bernhart Sayn-Wittgenstein und seine Familie stehen als Waldbesitzer vor einer großen Herausforderung: In den letzten drei Jahren fielen riesige Waldflächen dem Klimawandel zum Opfer. Ein Gespräch über Zustand und Zukunft des Waldes, wann Hoffnung stirbt, die Sehnsucht der Deutschen nach Schuld – und warum die Lösungsansätze der Politik bisher zu kurz greifen.



Bernhart Sayn-Wittgenstein


...ist allein schon durch seine Familiengeschichte tief in der Forstwirtschaft verwurzelt. Im Sauerland, einem der waldreichsten Gebiete Deutschlands, besitzt seine Familie circa 7.000 Hektar Waldfläche, die in den letzten Jahren klimabedingt um bis zu 40% dezimiert wurde. Sayn-Wittgenstein ist Vorsitzender des familiengeführten Forstbetriebes „Rentkammer Wittgenstein“ im nordrhein-westfälischen Bad Laasphe. Dieser Betrieb ist wiederum Gründungsgesellschafter einer der bundesweit größten Forstverwaltungen: Die „Center Forst GmbH“ mit Sitz in Lauterbach (Hessen). Bedingt durch seine Tätigkeit als Geschäftsführer des Fachverlages Dashöfer ist er nicht nur in Wittgenstein, sondern auch in Hamburg und Prag zeitweilig zuhause – was ihn nicht davon abhält, beinahe jedes Wochenende im Wald zu sein.


 

Herr Sayn-Wittgenstein, für viele Menschen ist der Wald ein Ort der Erholung, an dem man Verbindung zur Natur aufnimmt. Übt der Wald auf einen Profi wie Sie noch eine solche Wirkung aus?


Natürlich hat er eine solche Wirkung auf mich. Der Wald ist jeden Tag neu. Es ist zwar immer der gleiche Ort an den man geht, aber im Wandel der Jahreszeiten und auch der Lebenszyklen ist er einem beständigen Wandel unterlegen. Wald ist für mich Erlebniswelt für alle Sinne: Die Gerüche, Geräusche, die verschiedenen Waldbilder, Sonnenuntergänge...wer da nicht ins Schwärmen gerät, dem kann ich auch nicht mehr helfen.



Der Wald Ihrer Familie ist für Sie sicher mehr als nur Holz. Was verbinden Sie damit? Haben oder hatten Sie zum Beispiel Lieblingsstellen?


Unsere Familie bewirtschaftet seit Jahrhunderten diesen Wald in der Region. Wir sind dort tief verwurzelt, das ist für mich Heimat und Identität zugleich. Dort wurde ich geboren und dort werde ich wahrscheinlich auch – wenn alles nach Plan läuft – auf unserem Familienfriedhof begraben werden. Ich bin zunächst wahnsinnig dankbar, dass ich einen so schönen Besitz mein Eigen nennen darf. Gleichzeitig spüre ich natürlich diese große Verantwortung gegenüber meiner Familie und vor allem gegenüber meinen Mitarbeitern, den Wald in dieser schwierigen Situation auch für die Zukunft fit zu machen und profitabel bewirtschaften zu können.


„Wow, wie schön ist das denn hier!“ wäre vor drei Jahren an dieser Stelle im Wald in der Nähe des sauerländischen Bad Laasphe eine angemessene Reaktion gewesen. Dann kam der Borkenkäfer. (Foto: B. Sayn-Wittgenstein)

Die Frage nach den Lieblingsstellen: Da habe ich ganz, ganz viele. Sie entstehen neu, aber sie verschwinden auch wieder. Sie erinnern sich an den großen Sturm Kyrill 2007, in Folge dessen sich ein komplett neues Waldbild ergab. Ich habe mich teilweise in meinem eigenen Wald nicht mehr zurechtfinden können, weil es einfach vollkommen anders aussah. Die Natur hat aber eine erstaunliche Kraft und hat die durch den Sturm hervorgerufenen Wunden relativ schnell wieder geschlossen, hat wirklich ganz tolle neue Waldbilder entstehen lassen. Lieblingsstellen kommen und gehen im Laufe der Jahreszeiten, im Laufe der Jahre. Es ist immer wieder ein tolles Erlebnis, wenn Sie im Frühling durch den Wald fahren, einen wunderschönen Blick übers Tal haben und denken: Wow, wie schön ist das denn hier!



Durch die Entwicklungen der letzten Jahre sind vermutlich viele dieser Lieblingsstellen verlorengegangen. Vertrocknete Wälder, abgestorbene Bäume und Sturmholz sind mittlerweile in ganz Deutschland zu finden; viele Waldbesitzer stehen vor dem Ruin. Wenn wir über das Waldsterben auf Ihren Flächen reden: Von welchem Ausmaß sprechen wir und wie konnte es dazu kommen?


Das ist kein statischer, sondern ein dynamischer Prozess, der nicht vor Besitz- und Landesgrenzen haltmacht. Was wir heute als Schlagzahl für Schäden benennen, kann morgen schon wieder ganz anders sein. Im Kern sind die letzten drei Jahre gekennzeichnet von hohen Durchschnittstemperaturen im Mittel und wenig Niederschlag. Das hat den Bäumen sehr zugesetzt und sie anfällig für den Borkenkäfer gemacht. Wir müssen mit einem Verlust von 2000 bis 3000 Hektar Wald rechnen – ein Verlust von mehreren hunderttausend Festmetern Vorratsholz. Diese Situation ist natürlich eine brutale Belastung für unsere Mitarbeiter. Nicht nur, dass sie von morgens bis abends im Wald stehen um die großen Schadholzmengen zu managen, es ist natürlich auch eine extreme emotionale Belastung. Sie müssen sich vorstellen: In den letzten 10 bis 20 Jahren ist es der Lebensinhalt des Revierleiters gewesen, einen nachhaltigen und mit Vorrat bestockten Wald aufzubauen. Wir haben Mitarbeiter, die sind schon in zweiter, dritter oder vierter Generation bei uns tätig, haben eine tiefe Verbundenheit zum Betrieb und sehen jetzt, dass innerhalb von drei Jahren alles zerstört wird durch Faktoren, die sie nicht beeinflussen können.


„Extreme emotionale Belastung“ auch für die Mitarbeiter: Der Verlust von mehreren tausend Hektar Wald

Am Anfang der Kalamität hatten wir noch Hoffnung, dass wir durch frühes Eingreifen in die geschädigten Bestände den Verlauf irgendwie stoppen können. Doch die Witterung und der Käfer haben uns da den sprichwörtlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Man sieht grüne Bäume, die den Eindruck erwecken, vital zu sein. Doch im Kern sind sie schon tot, der Käfer sitzt drin – der Baum ist eigentlich schon tot, weiß es nur noch nicht. Diese Entwicklung ist so rasant, dass Sie Bestände haben, die sind heute noch vital und in kürzester Zeit – und ich spreche hier von Wochen – sind sie kahl und tot. Ein Totalverlust der Fichtenbestände, die älter als 30 bis 40 Jahre sind, ist bei uns als Realität anzusehen. Normalerweise schlagen wir jährlich circa 40.000 Festmeter Fichtenholz – je nachdem, wie viele Systeme wir im Einsatz haben, schlagen wir seit drei Jahren 200.000 - 300.000 Festmeter, das 5 bis 7-fache.



Ungeheuerliche Zahlen. Doch wie muss man sich diesen Prozess genau vorstellen? Von den ersten Anzeichen geschädigter Bäume bis zum hektarweisen Kahlschlag von Schadholz...


Käferkalamität hat es immer gegeben, in wellenförmigen Zyklen. Man begegnet dem dadurch, dass man eine gewisse Hygiene im Wald hält. Bestände die befallen sind, werden sofort genutzt. Holz wird sofort abgefahren, damit sich im Wald keine Brutstätten für den Käfer neben gesunden Beständen bilden können. Das haben wir natürlich versucht, haben auch eine sehr gute Logistik aufgebaut, um das Holz abfließen zu lassen. Doch die Witterung hat so gegen uns gearbeitet, dass wir ab einem bestimmten Zeitpunkt chancenlos waren. Die Käfer waren überall. Man hatte keine Chance mehr, dem Herr zu werden.



Gab es diesen einen Moment in dem Ihnen klar wurde, wie viel Wald gerade im Begriff ist, abzusterben?


Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Doch bei mir ist sie relativ schnell gestorben. Für jeden, der ein bisschen was von Wald versteht, sich bei uns auf den Berg stellt und 360 Grad seinen Blick schweifen lässt ist völlig klar, dass da nichts mehr zu retten ist.



Zum Teil werden in der Debatte Vorwürfe laut, durch eine jahrzehntelange Kultivierung von Monokulturen, zu großen Teilen Fichte, seien Waldbesitzer und Forstwirte selbst schuld an dem besorgniserregenden Zustand des Waldes. Was würden Sie diesem Einwand entgegnen?


Zuerst sollte man klarstellen, dass die Fichte nicht Verursacher eines Klimawandels ist, sondern dessen erstes Opfer. Die Debatte um die Verantwortlichkeit für den schlechten Zustand – ich bezeichne das immer als die Sehnsucht der Deutschen nach Schuld. Nach dem Motto: Wenn ich einen Schuldigen benennen kann, dann habe ich auch das Problem gelöst. Das ist natürlich völliger Unsinn. Man muss sehen: Die Fichte hat einen gewissen historischen Hintergrund bei uns. Die rheinisch-westfälischen Wälder waren nach dem Zweiten Weltkrieg besonders im Fokus von Reparationsforderungen. Nach Kriegszerstörung, Raubbau durch die Alliierten und Kalamitäten waren in den rheinisch-westfälischen Bereichen 120.000 Hektar unbewaldet. Man musste diese Flächen wieder in die Bestockung bringen.


Die Fichte, der "Brotbaum" der Forstwirtschaft, wird als Bauholz zum Beispiel für Dachkonstruktionen eingesetzt. Mittlerweile scheint sie auch andere Bedürfnisse zu befriedigen: Die „Sehnsucht der Deutschen nach Schuld“.

Aufgeforstet wurde mit Fichte, da sie schnell wächst und als Konstruktionsholz höchste qualitative Eigenschaften besitzt. Nicht nur die Alliierten haben zum Teil damit ihr Land wiederaufgebaut, wir haben nach dem Krieg mit der Fichte auch Deutschland wiederaufgebaut. Die Bestände, die heute absterben, sind ja nicht gestern gepflanzt worden, sondern nach dem Krieg. Man brauchte Konstruktionsholz, das war einfach eine Notwendigkeit. Man muss sagen, dass die Fichte in den letzten Jahrzehnten hervorragende Wuchsbedingungen bei uns hatte. Das war der „Brotbaum“ der Forstwirtschaft. Es gab relativ wenige Argumente, warum die Fichte als Hauptbaumart nicht ihre Berechtigung haben sollte. Meiner Meinung nach kann man den Forstwirten da keinen Vorwurf machen. Jetzt hatten wir – wie eben schon erwähnt – 2007 den Sturm Kyrill. Bei uns im Mittelgebirgsraum wurden insbesondere die flachwurzelnden Fichten flächendeckend umgeworfen. Ich finde, spätestens hier hätte ich anfangen müssen, neu zu denken. Im Prinzip hat man jetzt seit 2007 über 10 Jahre verloren, um einen Umbau der Wälder weg von der Fichte hin zu anderen Baumarten zu vollziehen.


"Wir haben nach dem Krieg mit der Fichte auch Deutschland wiederaufgebaut.“

Ich halte es aber für gefährlich, im Zuge der Klimadiskussion die Fichte so in den Fokus zu stellen. 30% meiner Wälder sind mit Buche bestockt. Wenn man sich die Statistiken auf Bundesebene anschaut, dann erleben wir auch bei den Laubbaumarten eine erhöhte Mortalitätsrate. Die Kronenverlichtung bei der Buche steigt dramatisch an, sie fruktifizieren häufiger und intensiver als früher – deutliche Stresssymptome. Sollte der Klimawandel so fortschreiten, sollten wir noch zwei bis drei Jahre mit den gleichen oder sogar verschärften Bedingungen arbeiten, dann wird mittelfristig auch die Buche flächendeckend aus bestimmten Regionen der Mittelgebirge verschwinden. So zumindest meine Prognose. Man sollte bei zukünftigen Aufforstungsstrategien mit ins Kalkül einbeziehen, dass auch unsere heimischen Laubbaumarten momentan hochgradig gefährdet sind. Auch unter der Prämisse, dass der Klimawandel weiter fortschreiten sollte.



Sowohl für die Beseitigung der schweren Schäden als auch für die Wiederbewaldung fehlt es Waldbesitzern zunehmend an Liquidität. Laut BMEL wurden Waldbesitzern und Forstwirten in den letzten Jahren insgesamt 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Inwieweit konnten diese Subventionen auch in Ihrem Wald helfen?


Konkret haben wir die sogenannte Nachhaltigkeitsprämie beantragt. PEFC-zertifizierte Betriebe wie unserer bekommen 100€ pro Hektar, wobei der Betrag ab einer bestimmten Betriebsgröße gekappt wird. Dieser Betrag soll dem Waldbesitzer die Möglichkeit geben, abgestorbene Bestände zu räumen und in die Vermarktung zu bringen. Oft funktioniert das nicht, weil der Markt dicht ist. Zudem haben viele auch gar nicht die Kapazitäten, um ihre Flächen zu räumen. Man muss auch sehen: Um einen Hektar neu in die Bestockung zu bringen, kostete es mehrere tausend Euro – 100€ sind da natürlich ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist gut gemeint, kann aber keine langfristige Strategie sein.


Räumungsarbeiten im sauerländischen Wald: Circa 277.000 Hektar müssen in Deutschland wiederbewaldet werden, was mit enormen Kosten einhergeht.

Ökosystemleistungen zu honorieren, die der Wald und die Forstleute und die Waldbesitzer erbringen – das kann eine langfristige Strategie sein. Da gibt es intensive Diskussionen, auch zwischen den Verbänden und der Regierung, aber das ist wirklich ein dickes Brett. Auf der einen Seite findet der Zertifikatshandel mit Klimazertifikaten überall statt. Doch diejenigen, die letztendlich in ihren Wäldern CO₂ binden, bekommen davon nichts ab. Zweifelsfrei wurden durch die Wälder und deren nachhaltige Bewirtschaftung große Leistungen erbracht, doch dafür werden wir nicht honoriert. Wenn man pro Tonne gebundenen Kohlenstoffdioxids auf der Fläche x einen gewissen Betrag festlegen würde, ließe sich das leicht berechnen. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn man das an bestimmte Bedingungen knüpfte: Vergütung von Ökosystemleistungen nur für diejenigen, die im Rahmen eines Konzeptes einen klimastabilen Wald aufbauen, also beispielsweise auf eine Reinkultur mit Kiefer oder Fichte verzichten.


9 Mrd. für die Lufthansa, 1,5 Mrd. für den Wald – das Klima sollte gesellschaftspolitisch höchste Priorität haben

Wenn wir jetzt über diese 1,5 Mrd. Euro sprechen: Im Verhältnis zu anderen Wirtschaftszweigen, zum Beispiel 9 Mrd. zur Stabilisierung der Lufthansa oder 1,1 Mrd. für TUI – wenn man sich überlegt, was dahintersteht, erscheinen die 1,5 Mrd. als relativ wenig. Ich hätte gern, dass unsere Gesellschaft und auch unsere Politik sich etwas mehr sensibilisieren: Klima muss als gesellschaftspolitische Aufgabe höchste Priorität haben. Der Umbau der Wälder, die Förderung von Klimaresilienz und Biodiversität muss auf der Agenda ganz oben stehen und darf mit Sicherheit nicht am Geld scheitern. Und wenn es drei oder vier Milliarden Euro kostet, das spielt überhaupt keine Rolle – das Geld muss investiert werden.



In Bezug auf Ihre Lieblingsstellen im Wald haben Sie vorhin von der erstaunlichen Kraft der Natur gesprochen, sich auch nach Stürmen wie Kyrill zu regenerieren. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen gibt es Grund zur Annahme, dass uns für die Nutzung dieser natürlichen Kraft die Zeit davonläuft. Was ist Ihre Strategie für die Zukunft? Mit welchen Maßnahmen könnte der Wald Ihrer Meinung nach dem Klimawandel standhalten?


Neben der Bewältigung der Krise an sich beschäftigen wir uns gerade mit der Entwicklung einer Zukunftsstrategie. Dazu erstellen wir Klimamodelle: Wir versuchen mithilfe von Modellen zu prognostizieren, mit welchem Niederschlag wir rechnen können, wie sich die Wasserversorgung unserer Flächen sowie die Temperaturen innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahre entwickeln. Auf Grundlage dieser Modelle versuchen wir abzuleiten, welche Baumarten auf bestimmten Flächen in bestimmten Höhenlagen überhaupt noch eine Existenz haben könnten. Im Ergebnis sehen wir jetzt schon, dass die Fichte als Hauptbaumart ausgedient hat; sie wird auf vielen Flächen nicht mehr wachsen. Doch durch welche Baumart wird die Fichte ersetzt? Das hängt natürlich auch von den finanziellen Ressourcen ab: Wenn man aus den Vollen schöpfen könnte, könnte man sehr viel probieren, wenn nicht, muss man anders denken.


Zukunftspläne für den Wald gedeihen am besten „frei von Ideologien, Denk- oder Handlungsverboten“ – Klimabäume könnten eine Lösung sein

Ziel muss sein, die Flächen wieder in die Bestockung zu kriegen. Wir gehen davon aus, dass wir einen Teil der Flächen durch Naturverjüngung in eine Bestockung kriegen. Einen zweiten Teil müssen wir durch Pflanzen wieder bestocken. In Deutschland müssen laut BMEL derzeit 277.000 Hektar wiederbewaldet werden. Das ist natürlich eine riesige Herausforderung, aber auch eine wirklich tolle Chance, auf diesen Flächen einen klimaresistenten, stabilen neuen Wald aufzubauen. Das kann natürlich nur passieren, wenn die entsprechenden Mittel zur Verfügung stehen, zudem muss das Ganze wissenschaftlich sehr eng begleitet werden. Damit möchte ich sagen: Wenn wir überlegen, in welche Richtung wir gehen – wir als Private oder die Bundesrepublik als Ganzes – dann muss das völlig frei von Ideologien sein, frei von Denk- oder Handlungsverboten, die unseren Spielraum eingrenzen. Konkret bedeutet das für uns: Wir müssen darüber nachdenken, nicht nur mit heimischen Baumarten, sondern auch mit nicht-heimischen Baumarten aufzuforsten, die bei vielen aus unterschiedlichen Gründen verpönt sind. Aber ich denke, dass wir in alle Richtungen denken müssen und das wissenschaftlich sehr eng begleiten müssen. Außerdem sollten Entscheidungen diesbezüglich zeitnah fallen. Wir können nicht noch 20 Jahre darüber reden, ob wir die Douglasie anbauen oder nicht und wer das bezahlt oder nicht.



Mit dem Thema Klimabäume beschäftigen wir uns auch schon seit Längerem. Haben Sie bereits an bestimmte Arten gedacht?


Douglasie und Küstentanne als bewährte Gäste aus Nordamerika, vielleicht auch Zedern aus dem Mittelmeerraum werden sicher Optionen sein. Wobei man auch sagen muss, dass dort ein verstärktes Wildproblem besteht: Das Rotwild findet neue Baumarten mit geschlossenen Augen und zugeklebten Nasen und macht sie gezielt nieder. Forstliche Strategie und Wildmanagement müssen hier im Einklang stehen um zu gewährleisten, dass gerade nicht- heimische Baumarten hier auch gut wachsen können.


„Es hilft nichts zu jammern, wir können nur nach vorne schauen.“

Zum Abschluss ein hoffentlich nicht allzu pessimistischer Ausblick: Mit welchem Gefühl schauen Sie auf den deutschen Wald von morgen?


Ich glaube, man darf die Kraft der Natur nicht unterschätzen. Die klimatischen Verhältnisse verändern sich im Moment schneller, als die natürlichen Anpassungsprozesse da mithalten können. Ich bin der festen Meinung: Der Wald braucht unsere Hilfe. Ich bin aber sehr positiv gestimmt, dass man eine solche Mammutaufgabe erfolgreich meistern kann. Es hilft nichts zu jammern, wir können nur nach vorne schauen und den Umbau unserer Wälder aktiv steuern und gestalten.


Herr Sayn-Wittgenstein, vielen Dank für das Gespräch!



 


















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